Bestimmung organischer, filmischer Verunreinigungen von Oberflächen als Summenparameter

Wissen

Die Bestimmung organischer, filmischer Verunreinigungen auf Oberflächen ist ein wichtiger Aspekt in vielen Branchen, insbesondere in der Fertigung und Qualitätssicherung. Diese Verunreinigungen können die Funktionalität von Bauteilen erheblich beeinträchtigen und weitere Bearbeitungsschritte erschweren.

Bestimmung organischer, filmischer Verunreinigungen von Oberflächen als Summenparameter

Die Bestimmung organischer, filmischer Verunreinigungen auf Oberflächen ist ein wichtiger Aspekt in vielen Branchen, insbesondere in der Fertigung und Qualitätssicherung. Filmische oder chemische Rückstände können die Funktionalität von Bauteilen erheblich beeinträchtigen und weitere Bearbeitungsschritte erschweren. Insbesondere bei Lackier- und Klebeprozessen sowie an Stellen, an denen die optischen Eigenschaften essenziell sind, führen filmische Rückstände zu Komplikationen. Dies betrifft sowohl die technische Anwendung als auch die Ästhetik. In diesem Whitepaper werden drei verschiedene Analysemethoden zur Bestimmung dieser Verunreinigungen gegenübergestellt. 

  1. Verdampfer-Gravimetrie
    Gravimetrische Bestimmung der nicht verdampfbaren, löslichen Rückstände (NVR) nach lösungsmittelgestützter Extraktion und anschließendem Entfernen des Extraktionsmediums unter vermindertem Druck.

  2. THC (Total-Hydrocarbon-Content)
    Bestimmung des Gesamtgehalts an Kohlenwasserstoffverbindungen mittels Gaschromatographie/Massanspektrometrie (GC/MS)

  3. AGREE®-Verfahren
    Bestimmung gravimetrisch nachweisbarer nicht-volatiler Rückstände bei sehr geringen Probenvolumen (µNVR) mittels Nanowaage (QCM), bekannt als AGREE®-Verfahren (AGREE = Analysis of Gravimetrically detectible Residues by Efficient Extraction).

1. Verdampfer-Gravimetrie

Methode

Bei der gravimetrischen Bestimmung nicht verdampfbarer Rückstände (englisch: non-volatile residues) wird die zu untersuchende Oberfläche mit einem geeigneten Lösungsmittel extrahiert. Die Extraktion erfolgt üblicherweise an der gesamten Bauteiloberfläche. Daher wird diese Prüfmethode als integrale Methode betrachtet.

Ein häufig verwendetes Lösungsmittel ist Ethanol, dessen Reinheit (Abwesenheit von NVR-Anteilen) durch eine vorherige Destillation sichergestellt wird. Anschließend wird das Extrakt filtriert, um unlösliche Partikel zu entfernen. Danach wird das Lösungsmittel mittels eines Rotationsverdampfers (Abbildung 1) entfernt. Die verbleibenden nicht verdampfbaren Rückstände werden gewogen.

Nachweisgrenze

Idealerweise wird die Nachweisgrenze nur durch das Auflösungsvermögen und die Präzision der Waage bestimmt. Oft wird sie jedoch durch die Taramasse des verwendeten Glaskolbens relativ zur geringen Masse des Analyten begrenzt.

Kosten

Die Kosten für die Bestimmung mittels Verdampfer-Gravimetrie können variieren, liegen aber typischerweise im Bereich von 300 und 500 Euro pro Analyse. Die Kosten hängen dabei von der Anzahl der Proben und der Komplexität der Vorbereitung ab.

 

Vorteile
 
Nachteile
 
➕ Geringe Komplexität des Analyseablaufs
 
➖ Hoher Zeitaufwand
 
➕ Geeignet für alle Verbindungen, die einen geringen Dampfdruck aufweisen
 
➖ Erfordert den Einsatz von gereinigten Lösungsmitteln und spezielle Geräte
 
 ➖ Für geringe Verschmutzungsgrade ungeeignet, da oftmals eine Einschränkung der Wäge-Präzision besteht

2. THC (Total-Hydrocarbon-Content)

Methode

Analog zur gravimetrischen Bestimmung des NVR erfolgt zunächst eine Extraktion der filmischen Rückstände mit einem flüchtigen, organischen Lösungsmittel. Hierfür kann eine Reihe von Lösungsmitteln verwendet werden, die sich in ihrer Solvatationsfähigkeit stark voneinander unterscheiden können. Häufig eingesetzt werden: Kurzkettige Alkane C5-C7 (Pentan, Hexan, Heptan), Ether (Diethylether, tert-Butylmethylether, Tetrahydrofuran = THF), Ketone (Aceton, Methylethylketon = MEK), Ester (Ethylacetat, Butylacetat), Dichlormethan, Alkohole C1-C3 (Methanol, Ethanol, iso-Propanol). Die Auswahl sollte dabei stets unter Aspekten der Arbeitssicherheit und Materialverträglichkeit erfolgen. 

Die Bestimmung des Gesamtgehalts an Kohlenwasserstoffverbindungen (THC) erfolgt mittels Gaschromatographie (GC) gekoppelt mit Massenspektrometrie (MS). Dabei werden die Verbindungen anhand ihrer chemischen Eigenschaften aufgetrennt, die einzelnen „Molekülpakete“ ionisiert und anhand ihres spezifischen Masse-zu-Ladung-Verhältnisses detektiert. Eine vorangegangene Kalibrierung mit einem Kohlenwasserstoffgemisch bekannter Konzentration ermöglicht eine präzise Semiquantifizierung der zu bestimmenden Substanzen. 

Da das Masse-zu-Ladung-Verhältnisses ein ausgezeichnetes Charakteristikum für die chemisches Zusammensetzung darstellt, eignet sich die GC/MS-Methode mit Hilfe eines Abgleichs mit Referenzsubstanzen oder einer Datenbank hervorragend zur Charakterisierung der zugrundeliegenden Substanzen. Dies erleichtert insbesondere die Ursachenforschung für chemische Kontaminationen. 

Nachweisgrenze

Die Nachweisgrenze dieser Methode liegt bei etwa 0,1 ppm.

Kosten

Die Kosten für eine THC-Bestimmung liegen in der Regel zwischen 300 und 500 Euro pro Analyse. Durch Steigerung der Prüflosgröße kann der finanzielle Einfluss der Kalibrierung sehr gut minimiert werden da diese nur einmal pro Messreihe durchgeführt werden muss. Somit werden die Gesamtkosten hauptsächlich durch die Kosten für die Extraktion der Prüfteile bestimmt.

 

Vorteile
 
Nachteile
 
➕ Hohe Empfindlichkeit und Linearität
 
➖ Hohe Kosten bei geringer Prüflosgröße
 
➕ Verwendung eines Autosamplers erlaubt hohen Probendurchsatz
 
➖ Erfordert spezielle Geräte und ausgebildetes Fachpersonal
 
 
➕ Geeignet für kontinuierliche Messungen
 
➖ Hoher Zeitaufwand: Erstellung der Referenzen und Einmessen von Blanks, Referenzen und den eigentlichen Samples
➕ Charakterisierung durch Abgleich mit Referenzen / Datenbanken
 

 
➕ Kosten skalieren stark mit der Anzahl an Proben pro Messreihe 

3. AGREE®-Verfahren.

Bestimmung von nicht-volatilen Rückständen (µNVR) im sub-µg Bereich mittels Nanowaage (QCM)

Methode

Hierbei handelt es sich um ein neues Verfahren zur Prüfung der Kontamination durch chemische oder filmische Rückstände auf Bauteiloberflächen, das speziell für die Erfüllung dieser besonderen Anforderungen entwickelt wurde. Im Industrieverbund AdhäSa (adhäsive Sauberkeit) wurde dieses Verfahren unter der fachlichen Leitung des Fraunhofer IPA für diese Anwendung standardisiert und in der Richtlinie VDI 2083 Blatt 23 von 2022 beschrieben. Diese Richtlinie bildet die Grundlage für die Akkreditierung des Verfahrens bei CleanControlling. Somit ist das AGREE®-Verfahren das einzige speziell für diesen Anwendungsfall standardisierte Prüfverfahren und damit die optimale Grundlage für Qualitätsvereinbarungen im Kunden-Lieferanten-Verhältnis.

Analog zu den in Abschnitt 1 und 2  beschriebenen Methoden, wird auch beim AGREE® Verfahren der filmische Rückstand mit einem geeigneten Lösungsmittel vom Prüfkörper extrahiert. Zur Bestimmung der Masse des NVR kommt beim AGREE®-Verfahren allerdings ein Analysegerät (Abbildung 2) mit Quarzkristallmikrowaage (QCM) zum Einsatz, die statt des Gewichts, das Trägheitsmoment des sich bildenden Films misst. Dies ermöglicht auch die Bestimmung sehr geringe Massen von nur wenigen Zehn Nanogramm (10 ng = 1/100.000 mg). 

Das optimale Betriebsfenster für Wägungen liegt zwischen 0,1 – 1 µg, sodass stets nur ein Teilvolumen (Aliquot) des Extrakts zur Wägung eingesetzt wird. AGREE® erlaubt durch Anpassung des Extraktionsvolumens oder Aufkonzentration in direkter Konsequenz die Untersuchung von nur gering verschmutzten Teilen (AGREE® findet einen Fingerabdruck) sowie die Beprobung von kleinen Oberflächen (wenige 10 mm² sind ausreichend). Letzteres ermöglicht insbesondere eine Vielzahl an ortsaufgelösten Extraktionsmethoden. So können unterschiedliche Teilbereiche getrennt untersucht werden, um präzisere Rückschlüsse hinsichtlich des Ursprungs und der Verbreitung von filmischer Kontamination zu ziehen. 

Die Richtlinie VDI 2083 Blatt 23 steckt dabei die grundlegenden Rahmenbedingungen ab und qualifiziert eine Reihe möglicher Extraktionsverfahren (Abbildung 3). Die in der VDI 2083 Blatt 23 definierten VDI-NVR-Klassen (Tabelle 1) ermöglichen eine einfache und aussagekräftige Klassifizierung des Ausmaßes filmischer Kontamination und die Festlegung von Grenzwerten.

Nachweisgrenze

Die Nachweisgrenze dieser Methode liegt bei etwa 0,01 µg/cm².

Kosten

Die Kosten für die µNVR-Bestimmung mittels AGREE® liegen typischerweise bei 200 bis 350 Euro pro Analyse. Sie sind vorrangig abhängig von der der Komplexität der Extraktion.

 

Vorteile
 
Nachteile
➕ Hohe Empfindlichkeit und geringe Nachweisgrenze
 
➖ Erfordert spezielle Geräte und Kalibrierung
 
➕ Minimaler Lösungsmittelverbrauch
 
➖ Bedingte Anwendbarkeit bei wenig flüchtigen Extraktionsmedien
 
➕ Vielzahl an (ortsauflösenden) Extraktionsmethoden möglich
 
 
➕ Normativ beschrieben in der VDI 2083 Blatt 23
 
 
  

Die Methoden im Vergleich

MethodeVorteileNachteileNachweisgrenzeKosten pro Analyse
Verdampfer-Gravimetrie
  • Geringe Komplexität
  • Für alle Verbindungen mit geringem Dampfdruck

     
  • Zeitaufwendig
  • Gereinigte Lösungsmittel erforderlich
  • Für geringe Rückstands-Mengen ungeeignet
Abhängig von der Präision und Auflösung der Analysewaage300-500 €
THC (Total-Hydrocarbon Content)
  • Hohe Empfindlichkeit
  • Möglichkeit der Charakterisierung durch Abgleich mit bekannten Substanzen
  • Skalierbare Kosten je nach Probenanzahl pro Messreihe
  • Erfordert spezielle Geräte und ausgebildetes Fachpersonal
  • Hoher Zeitaufwand
  • Hohe Kosten bei geringer Prüflosgröße
0,1 ppm300-500 €
AGREE®-Verfahren
  • Hohe Empfindlichkeit und geringe Nachweisgrenze
  • Minimaler Lösungsmittelverbrauch
  • Vielzahl an Extraktionsmethoden
  • Normativ festgehalten in VDI 2083 Blatt 23
  • Erfordert spezielle Geräte und Kalibrierung
  • Bedingte Anwendbarkeit bei wenig flüchtiger Extraktionsmedien

     
0,01 µg/cm²200-350 €

Fazit

Die Wahl der geeigneten Analysemethode hängt von den spezifischen Anforderungen und Bedingungen der jeweiligen Anwendung ab. 

Die gravimetrische Bestimmung von NVR stellt die robusteste und einfachste Methode dar, allerdings ist sie mit hohem Zeitaufwand verbunden und für geringe Verunreinigungen ungeeignet. 

Das AGREE®-Verfahren ist dagegen besonders für Anwendungen mit minimalem Lösungsmittelverbrauch und kleinen Probenmengen sowie geringen Prüfflächen geeignet. Es wurde speziell für die besonderen Anforderungen bei der Prüfung der Reinheit von chemischen oder filmischen Rückständen auf Bauteiloberflächen entwickelt und ist in der Richtlinie VDI 2083 Blatt 23 beschrieben. Diese Richtlinie bildet die Grundlage für die Akkreditierung des Verfahrens bei CleanControlling. Somit ist das AGREE-Verfahren das einzige speziell für diesen Anwendungsfall standardisierte und akkreditierte Prüfverfahren und bildet die optimale Grundlage für Qualitätsvereinbarungen im Kunden-Lieferanten-Verhältnis.

Die THC-Bestimmung eignet sich hervorragend für spezielle Fragestellungen, bei denen besonders scharfe Nachweisgrenzen erforderlich sind und auch die Charakterisierung der zugrunde liegenden chemischen Verbindungen von hoher Relevanz ist.

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